Projekt

Geschmack erklärt

Geschmack erklärt!

Geschmack und Geschmacksvielfalt bei Obst und Gemüse

Pressemitteilung
Link zur Publikation: „Geschmack erklärt“
Eine gedruckte Broschüre ist beim AgrarBündnis gegen eine Schutzgebühr (inkl. Versand) von 5,00 Euro erhältlich. Bestelladresse
 

Was kann Geschmack erklären? Inwieweit sind Geschmacksqualität und Geschmacksvielfalt geeignete Indikatoren für Biodiversität? Können sie Kommunikationsinstrumente sein, um Verbraucherinnen und Verbraucher in ihrem Nachfrageverhalten für nachhaltig erzeugte Lebensmittel zu gewinnen?

In mehreren Fachgesprächen entlang der Lebensmittelkette haben wir mit Expertinnen und Experten aus dem Bereich Obst und Gemüse diese Fragen erörtert. Die Antworten sind komplex und hinsichtlich einzelner Produkte manchmal auch sehr speziell. Selbsterklärend ist Geschmack jedenfalls nicht….

Ausgangspunkt und Ziele

Am Beispiel von Obst und Gemüse sollte untersucht werden, welche Faktoren entlang der Wertschöpfungskette von der Zucht bis zum LEH Biodiversität befördern bzw. behindern. Der Fokus lag dabei auf der Frage, welche Relevanz dabei die Kriterien „Geschmack“ und „Geschmacksvielfalt“ haben und inwiefern auch (agrar-)kulturelle Aspekte biologischer Vielfalt (regionale Vielfalt, handwerkliche Produktion/Verarbeitung) eine Rolle spielen.

Dabei sollte herausgearbeitet werden,

  • wie sich einerseits die Standardisierung von Produktionsverfahren auf die Vielfalt des Lebensmittelangebotes auswirkt
  • und welchen Stellenwert andererseits die Erhaltung „echter Vielfalt“ hat, die auf Arten- und Sortenvielfalt sowie der Vielfalt handwerklicher und regionaler Produktionsstrukturen in der Landwirtschaft und Lebensmittelverarbeitung basiert.

Projektziel war es, durch diese Betrachtungen eine realistische Einschätzung davon zu bekommen, inwieweit eine vom Endprodukt her gedachte Vielfalt überhaupt funktioniert und wie die Themen „Geschmack“ und „Geschmacksvielfalt“ zur Ansprache und Sensibilisierung von Verbraucherinnen und Verbraucher im Hinblick auf Biodiversität genutzt werden können.

Projektverlauf

Im Projektverlauf stellte sich das Thema in vielerlei Hinsicht als deutlich komplexer heraus, als anfangs angenommen. So hatte das Projekt auch den Charakter einer Spurensuche, die uns zu sehr differenzierten und z.T. auch widersprüchlichen Erkenntnissen brachte. Das hat zum einen damit zu tun, dass „Geschmack“ eine sehr stark subjektive Konnotation hat und zum anderen von vielen Faktoren beeinflusst sein kann, die die Sorteneinflüsse überlagern.

Zudem spiegeln sich in diesem Projekt zwei zeitgeschichtliche Ereignisse, die als Rahmenbedingungen für unser Thema zumindest indirekte Auswirkungen hatten:

  • Zum einen war dies die Corona-Pandemie. Sie hatte insofern erstaunliche Folgen auf das Nachfrageverhalten der Bevölkerung nach Lebensmittel, als in den Jahren 2020 und 2021 die Bereitschaft, mehr für höherwertige Lebensmittel auszugeben, signifikant zugenommen hat (seit Beginn des Lockdowns im März und bis November 2020 rund 24 % mehr Umsatz bei Bio-Frischeprodukten, insgesamt ca. 13% höhere Ausgaben für Lebensmittel, vgl. https://www.boelw.de/themen/zahlen-fakten/handel/artikel/corona-spezial/ ).
  • Zum anderen war (und ist) dies der drastische Anstieg der Lebensmittel- und Energiepreise ab April 2022 infolge des Ukraine Krieges.

Beides spiegelte sich in den Fachgesprächen, die im zweiten Halbjahr des Jahres 2022 stattfanden. So wurde in den Jahren 2020 und 2021 vielerorts eine erhöhte Bereitschaft zum Kauf höherwertiger Lebensmittel und – vor dem Hintergrund der geschlossenen Gastronomie – eine größere Aufgeschlossenheit für neue Geschmackserfahrungen festgestellt.

Mit den steigenden Lebensmittelpreisen ab dem Frühjahr 2022 verkehrte sich dieser Trend in sein Gegenteil: Absolut dominierendes Kriterium beim Einkauf von Lebensmitteln war (wieder) der möglichst niedrige Preis, die Bereitschaft, für „besondere“ Lebensmittel etwas mehr auszugeben, war nahezu völlig verschwunden.

Schlussfolgerungen/Resümee

Das Resümee spiegelt die Vielschichtigkeit des Themas sowie wesentliche Erkenntnisse und daraus abgeleitete Schlussfolgerungen:

  • „Geschmack erklärt“ – aber nicht von selbst und auch nicht alles.
  • Der Bedeutung des „subjektiven Faktors“ bei der Geschmackswahrnehmung ist kaum zu unterschätzen.
  • Geradlinige, eineindeutige Rückschlüsse von einer am Ende der Lebensmittelkette wahrnehmbaren Geschmacksvielfalt auf eine dieser zugrunde liegenden biologischen Vielfalt sind nicht möglich.
  • Strukturelle Rahmenbedingungen und die sich daraus ergebenden Handlungsspielräume spielen eine große Rolle im Hinblick auf die Frage, wie viel Geschmacksvielfalt bei Verbraucherinnen und Verbrauchern ankommt und wahrgenommen wird.
  • Direktvermarktungskanäle, Hofläden und Wochenmärkte eignen sich besonders gut, um die Geschmacksqualität und -vielfalt von unverarbeitetem Obst und Gemüse an die Kundschaft zu vermitteln.
  • Entscheidend ist aber auch für solche Marktnischen, mit welcher Motivation, welchen Kompetenzen und mit welchem Aufwand Akteurinnen und Akteure die besondere Geschmacksqualität und Geschmacksvielfalt ihrer Erzeugnisse als Medium zur Wertschätzung von Lebensmitteln in der Kommunikation mit Verbraucherinnen und Verbrauchern nutzen.

Die Broschüre skizziert abschließend eine „Geschmacksvielfaltstrategie“, die die Geschmacksvielfalt

o fördert – durch gute Rahmenbedingungen für alte Sorten, biologische Vielfalt und Regionalität,
o ermöglicht – durch Marktzugang und ökonomische Anreize,
o und vermittelt – durch zielgerichtete Kommunikation entlang der gesamten Lebensmittelkette.

 

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